Heikvaldo: Tango-Argentino - Erfahrungen

Heikvaldo: Was sollte in einem Anfängerkurs vermittelt werden? Teil II

(Kommentare: 0)

 

So, wir haben also in Teil 1 gelernt, wie wir uns so umarmen, dass es für beide angenehm ist. Ist natürlich noch nicht perfekt. Aber die Grundlagen sind da. Und nur die Übung macht den Meister ...

 

Und wir suchen bereits die Musik. Sie "ernährt" uns, sie gibt uns die "Kommandos" (wie sieht es denn so bei euch im Kurs aus? Ganz ehrlich? Ich schau ja oft zu. Selbst nach vielen Wochen laufen die meisten Paare völlig unabhängig von der Musik. Keiner achtet darauf. Ich könnte auch Bach oder Heavy Metal spielen. Fast keiner würde es merken).

 

Natürlich werden wir noch ständig an der Tanzhaltung arbeiten bzw. korrigieren müssen. Und mit vielen Musikstücken werdet ihr jetzt noch nichts anfangen können. Aber vielleicht erkennt ihr bereits den Unterschied eines Tangos zu einer Milonga? Oder gar den Unterschied Milonga und Vals? Egal. Auch wenn nicht. Die Tanzlehrer sollten das entsprechende Know How haben (und haben sie natürlich auch) und suchen passende Musik für euch aus.

 

Also, dann gehen wir ans Laufen. Und hier kürzen vermutlich die meisten Schulen viel zu sehr ab. Das wird Wochen dauern. Da gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten. Variation der Geschwindigkeit, des Taktes, der Schrittlänge, der Richtung, des "Lauf"-Beines. Wie soll man das alles in max. 1 Stunde lernen? Aber länger wird sich wohl kein Lehrer damit befassen. Das ist unmöglich. Auch wenn ihr ungeduldig seid. Es muss sein. Nehmt euch die Zeit. Viel Zeit! Das ist das Rüstzeug für euer weiteres Tangoleben. Ihr werdet froh sein, wenn ihr erst auf einer Milonga seid und laufen könnt. Und wenn ihr im Laufen variieren könnt. Das ist schon die halbe Miete.

 

Nein, kein Drehungen, Ochos oder was ihr sonst bereits gehört oder gesehen habt. Vergesst es! In eurer 2. Fahrstunde wäre auch niemand auf die Idee gekommen, euch in einen Ferrari zu setzen (und das ohne Fahrlehrer!) und dann mit 300 Km/h über den Nürburgring rasen lassen. Oder hättet ihr euch das zugetraut? Nein! Also warum wollt ihr das beim Tango? Schon klar. Ich hatte ja anfangs die gleichen wirren Vorstellungen. Als Mann muss ich der Frau natürlich etwas bieten. Und als Frau muss ich natürlich all diese wilden Bewegungen machen können ... Nein! Müsst ihr nicht! Etwas anderes ist viel, viel wichtiger! Und daran arbeitet ihr bereits. Eine gefühlvolle, angenehme Umarmung. Und Bewegen passend zur Musik. Und daran wollen wir jetzt arbeiten.

 

Also, liebe Lehrer, bitte nehmt euch die Zeit und bringt uns das Laufen detailliert bei. Da gibt es so viel zu beachten. Und es wird  schwer genug für uns Anfänger, dabei eine "saubere" Haltung bzw. Umarmung zu behalten und auch der Musik im Takt zu folgen. Mehr geht nicht. Jedenfalls noch nicht. Nicht in unserem Zustand. Und selbst die größten Könner in unserem Kurs werden damit genug zu tun haben. Und wenn sie meinen, Laufen ist eh nicht so wichtig ... oder meinen, es nach 10 Minuten schon völlig kapiert zu haben ... dann zeigt ihnen doch bitte den Ausgang. Dort können sie dann hinlaufen ... und die Türe von außen schließen. Denn wir anderen, wir wollen es ja lernen. Und zwar richtig.

 

Und jetzt, beim Laufen im Takt, mit dem Tanzpartner im Arm, jetzt fängt bei uns auch der Spaß an. Wir hören ja schon auf die Musik. Und deshalb ist es auch so schön, wenn wir gleich erkennen, wann es weiter geht oder eben eine Pause sein soll. Wann ein bisschen schneller oder eben langsamer. Wann große Schritte, wann kleine. Und die Frauen können auch sauber folgen. Keine Konzentration auf Drehungen o.d. notwendig. Sie haben also genug "Hirn frei", um den Männern zu folgen. Keiner ist überfordert. Jeder kann seinen Spaß haben.

 

Das ist jedenfalls erbaulicher, als zum x.tem Mal einen Ocho zu versuchen. Wo ich noch nicht einmal alles andere verstanden habe (zumindest noch nicht umsetzen kann). Ich bin also nicht verkrampft dabei, irgendetwas zu tun, sondern ich kann mich völlig entspannt auf die Musik konzentrieren und dabei gehen (und das kann ich ja schon viele Jahre. Da fällt es mir auch relativ leicht, "tangogerecht" zu gehen). Und deshalb habe ich Spaß daran. Ich habe Erfolgserlebnisse. Und auch die Männer sind nicht überfordert und werfen deshalb nach spätestens 5 Wochen bzw. Unterrichtsstunden das Handtuch.

 

Alle sind glücklich. Was will man mehr? Ihr glaubt das geht nicht? Probiert es aus! Ihr meint die Schüler wollen etwas anderes lernen? Seid ihr die Lehrer oder wir? Ihr wisst was wichtig ist! Und ich als Schüler hab eh keine Ahnung (ich habe bestenfalls irgendwelche Vorstellung davon). Also könnt ihr mich "formen". Ihr könnt meine Wünsche "modellieren". Ich will Erfolgserlebnisse. So oder so. Und die könnt ihr mir doch geben. Ist mir doch egal, ob ich das bei einem Ocho habe oder eben bei schönem Gehen. Hauptsache ich habe Erfolg. Und es macht mir Spaß! Und dann will ich auch mehr davon haben. Und komme wieder.

 

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So, wir haben also in Teil 1 gelernt, wie wir uns so umarmen, dass es für beide angenehm ist. Ist natürlich noch nicht perfekt. Aber die Grundlagen sind da. Und nur die Übung macht den Meister ...

 

Und wir suchen bereits die Musik. Sie "ernährt" uns, sie gibt uns die "Kommandos" (wie sieht es denn so bei euch im Kurs aus? Ganz ehrlich? Ich schau ja oft zu. Selbst nach vielen Wochen laufen die meisten Paare völlig unabhängig von der Musik. Keiner achtet darauf. Ich könnte auch Bach oder Heavy Metal spielen. Fast keiner würde es merken).

 

Natürlich werden wir noch ständig an der Tanzhaltung arbeiten bzw. korrigieren müssen. Und mit vielen Musikstücken werdet ihr jetzt noch nichts anfangen können. Aber vielleicht erkennt ihr bereits den Unterschied eines Tangos zu einer Milonga? Oder gar den Unterschied Milonga und Vals? Egal. Auch wenn nicht. Die Tanzlehrer sollten das entsprechende Know How haben (und haben sie natürlich auch) und suchen passende Musik für euch aus.

 

Also, dann gehen wir ans Laufen. Und hier kürzen vermutlich die meisten Schulen viel zu sehr ab. Das wird Wochen dauern. Da gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten. Variation der Geschwindigkeit, des Taktes, der Schrittlänge, der Richtung, des "Lauf"-Beines. Wie soll man das alles in max. 1 Stunde lernen? Aber länger wird sich wohl kein Lehrer damit befassen. Das ist unmöglich. Auch wenn ihr ungeduldig seid. Es muss sein. Nehmt euch die Zeit. Viel Zeit! Das ist das Rüstzeug für euer weiteres Tangoleben. Ihr werdet froh sein, wenn ihr erst auf einer Milonga seid und laufen könnt. Und wenn ihr im Laufen variieren könnt. Das ist schon die halbe Miete.

 

Nein, kein Drehungen, Ochos oder was ihr sonst bereits gehört oder gesehen habt. Vergesst es! In eurer 2. Fahrstunde wäre auch niemand auf die Idee gekommen, euch in einen Ferrari zu setzen (und das ohne Fahrlehrer!) und dann mit 300 Km/h über den Nürburgring rasen lassen. Oder hättet ihr euch das zugetraut? Nein! Also warum wollt ihr das beim Tango? Schon klar. Ich hatte ja anfangs die gleichen wirren Vorstellungen. Als Mann muss ich der Frau natürlich etwas bieten. Und als Frau muss ich natürlich all diese wilden Bewegungen machen können ... Nein! Müsst ihr nicht! Etwas anderes ist viel, viel wichtiger! Und daran arbeitet ihr bereits. Eine gefühlvolle, angenehme Umarmung. Und Bewegen passend zur Musik. Und daran wollen wir jetzt arbeiten.

 

Also, liebe Lehrer, bitte nehmt euch die Zeit und bringt uns das Laufen detailliert bei. Da gibt es so viel zu beachten. Und es wird  schwer genug für uns Anfänger, dabei eine "saubere" Haltung bzw. Umarmung zu behalten und auch der Musik im Takt zu folgen. Mehr geht nicht. Jedenfalls noch nicht. Nicht in unserem Zustand. Und selbst die größten Könner in unserem Kurs werden damit genug zu tun haben. Und wenn sie meinen, Laufen ist eh nicht so wichtig ... oder meinen, es nach 10 Minuten schon völlig kapiert zu haben ... dann zeigt ihnen doch bitte den Ausgang. Dort können sie dann hinlaufen ... und die Türe von außen schließen. Denn wir anderen, wir wollen es ja lernen. Und zwar richtig.

 

Und jetzt, beim Laufen im Takt, mit dem Tanzpartner im Arm, jetzt fängt bei uns auch der Spaß an. Wir hören ja schon auf die Musik. Und deshalb ist es auch so schön, wenn wir gleich erkennen, wann es weiter geht oder eben eine Pause sein soll. Wann ein bisschen schneller oder eben langsamer. Wann große Schritte, wann kleine. Und die Frauen können auch sauber folgen. Keine Konzentration auf Drehungen o.d. notwendig. Sie haben also genug "Hirn frei", um den Männern zu folgen. Keiner ist überfordert. Jeder kann seinen Spaß haben.

 

Das ist jedenfalls erbaulicher, als zum x.tem Mal einen Ocho zu versuchen. Wo ich noch nicht einmal alles andere verstanden habe (zumindest noch nicht umsetzen kann). Ich bin also nicht verkrampft dabei, irgendetwas zu tun, sondern ich kann mich völlig entspannt auf die Musik konzentrieren und dabei gehen (und das kann ich ja schon viele Jahre. Da fällt es mir auch relativ leicht, "tangogerecht" zu gehen). Und deshalb habe ich Spaß daran. Ich habe Erfolgserlebnisse. Und auch die Männer sind nicht überfordert und werfen deshalb nach spätestens 5 Wochen bzw. Unterrichtsstunden das Handtuch.

 

Alle sind glücklich. Was will man mehr? Ihr glaubt das geht nicht? Probiert es aus! Ihr meint die Schüler wollen etwas anderes lernen? Seid ihr die Lehrer oder wir? Ihr wisst was wichtig ist! Und ich als Schüler hab eh keine Ahnung (ich habe bestenfalls irgendwelche Vorstellung davon). Also könnt ihr mich "formen". Ihr könnt meine Wünsche "modellieren". Ich will Erfolgserlebnisse. So oder so. Und die könnt ihr mir doch geben. Ist mir doch egal, ob ich das bei einem Ocho habe oder eben bei schönem Gehen. Hauptsache ich habe Erfolg. Und es macht mir Spaß! Und dann will ich auch mehr davon haben. Und komme wieder.

 

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